Artikulation und Partizipation von Jugendlichen in der Schule
Die Dissertation „Artikulation und Partizipation von Jugendlichen in der Schule. Die Entwicklung westdeutscher Schülerzeitungen der 1950er und 1960er Jahre und ihre Bedeutung für die Jugend- und Schulforschung“ untersucht, wie Jugendkulturen Einzug in die Gymnasien hielten und wie sich der Umgang zwischen Lehrkräften und Schülerschaft liberalisierte. Dazu wird auch die historische Entwicklung von Schülerzeitungen in Westeuropa, den USA und in der DDR herangezogen.
Projektbeschreibung
Die Dissertation entstand im DFG-Projekt „Schülerzeitungen der 1950er und 1960er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Artefakte gymnasialer Schulkulturen und ihr Bedeutungswandel (PAUSE)“. Dabei wurde mit einem Bestand der BBF von über 7.000 Schülerzeitungen gearbeitet.
Der Fokus der Arbeit lag auf jugendlicher Partizipation und jugendkultureller Artikulation in westdeutschen Gymnasien der 1950er und 1960er Jahre. Im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern – einschließlich der DDR – traten Schülerzeitungen in Westdeutschland einen Siegeszug an, nachdem sie zusammen mit der Schülermitverantwortung (SMV) von den Alliierten in Westdeutschland eingeführt worden waren. Sie knüpften dabei teilweise an eine ähnliche Tradition von vor 1945 an.
Die Schülerzeitungsredaktionen reklamierten bereits früh erfolgreich ihre Eigenständigkeit gegenüber der SMV, zu deren Mitgestaltungsmöglichkeiten sich recht bald Ernüchterung einstellte. Schülerzeitungen hingegen zeugten von deutlich unproblematischer und erfolgreicher zu etablierenden Möglichkeiten der Artikulation. Sie trügen zu einer stärker von Liberalisierung und Partizipation geprägten Schulkultur bei. Dies wird für prägende Themen in der behandelten Zeit dargestellt: mit Blick (i) auf die Diskussion von Technik und naturwissenschaftlich-technischen Entwicklungen während des Kalten Krieges, (ii) auf die Beschäftigung mit den USA und ihrem kulturellen Einfluss sowie (iii) auf die Auseinandersetzungen mit jugendkulturellen Entwicklungen. Die zunehmende Öffnung der Schule für jugendkulturelle Ausdrucksweisen wurde sowohl auf der Ebene der Thematisierung als auch auf materieller Ebene in Form einer Artefaktanalyse untersucht, denn die Zeitungen wurden von den Jugendlichen in Eigenregie gestaltet, produziert und finanziert.
Die dargestellten produktiven Bemühungen um Meinungsfreiheit in der Schule verdeutlichen auch die Bedeutung von Schülerzeitungen für das Lehrer-Schüler-Verhältnis und die Entwicklung von Partizipation in der Schule. Die Arbeit bekräftigt die Relevanz von Schülerzeitungen bei der Rekonstruktion von Jugendkulturen bzw. „Peer-culture“ im schulischen Bereich sowie als Quelle für die Jugend- und Schulforschung.
Diese Arbeit zeichnet erstmals umfassend die Entwicklung der Schülerzeitungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach. Für weitere Forschungen wird außerdem ein erster umfassender Forschungsbericht für Westeuropa und eine Darstellung für die USA gegeben, da Schülerzeitungen ein internationales sowie transnationales Phänomen sind.
Publikationen
- Kabaum, Marcel (2018): Jugendkulturen und Mitgestaltung in westdeutschen Schulen der 1950er und 1960er Jahre. Schülerzeitungen als historische Quellen der Schul- und Jugendforschung. Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Diss. (Online: urn:nbn:de:0111-pedocs-166806)
- Kabaum, Marcel/Gippert, Markus (2016): „Die Schülerzeitung geht alle an!“. Aus der Arbeit eines Forschungsprojektes der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung“. In: Zeitschrift für Museum und Bildung 79 (2015), S. 99–113.
- Kabaum, Marcel (2017): Der Blick westdeutscher Schüler und Schülerinnen in den 1950er und 1960er Jahren auf Jugendkultur und die USA. Ein Vergleich ihrer Darstellungen in Schülerzeitungen“. In: Hüser, Dietmar (Hrsg.): Populärkultur transnational: Lesen, Hören, Sehen, Erleben im Europa der langen 1960er Jahre. Bielefeld: transcript, S. 49–78. (DOI: 10.14361/9783839431337-003)
- Kabaum, Marcel (2017): Schülerzeitungen als Werkzeug der Demokratisierung (1945–1970). In: Das Archiv: Zeitschrift für Wolfsburger Stadtgeschichte, Nr. 5/Mai 2017, S. 4–5 (Online: https://redaktion.wolfsburg.de//~/media/wolfsburg/statistik_daten_fakten/izs/das-archiv/izs_dasarchiv_ausgabe_5_20170510_1.pdf, letzter Aufruf 10.06.2021)
- Kabaum, Marcel (2017): Schulische Artefakte zwischen 1950 und 1970 – Die Gestaltung und Herstellung westdeutscher Schülerzeitungen. In: Stiller, Jurik/Laschke, Christin (Hrsg.) (2017): Herausforderungen, Befunde und Perspektiven interdisziplinärer Bildungsforschung. Frankfurt a. M.: Lang, S. 35–73. (Berlin-Brandenburger Beiträge zur Bildungsforschung; 2017)
- Kabaum, Marcel (2017): Zwischen Partizipation und Zensur. Jugend eigene Presse und Meinungsfreiheit in der Schule während der 1950er und 1960er Jahre. Mit einer Darstellung der derzeitigen schulrechtlichen Situation. In: Zeitschrift für Pädagogik 63,6, S. 783–802. (URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-170439)
Finanzierung
Die Dissertation fand im Rahmen des DFG-Projekts „PAUSE – Schülerzeitungen der 1950er und 1960er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland“ statt.
Qualifikant*in
- Dr. Marcel Kabaum
Projektdaten
Projektart: | Qualifikationsprojekt |
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Status: |
Abgeschlossenes Projekt
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Laufzeit: |
11/2012 – 04/2017
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