Call for Abstracts/Articles »Jahrbuch für Historische Bildungsforschung 32 (2026)«

Für Band 32 des Jahrbuchs für Historische Bildungsforschung (JHB) mit Themenschwerpunkt »Qualifikationen ermessen. Arbeit und Bildung im 20. Jahrhundert« werden Beitragsvorschläge und Beiträge gesucht. +++ Frist: 30.05.2025 bzw. 15.10.2025.

Das Jahrbuch für Historische Bildungsforschung (JHB) wird gemeinsam von der BBF und Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE herausgegeben. Es enthält jeweils einen Teil zu einem defi­nierten Thema sowie nicht-thematische Abhandlungen und eine Quelle mit Kommentar bzw. Interpretation. 

Dies ist ein:

  1. Call for Abstracts für den Themenschwerpunkt (A):
    Die von der Redaktion ausgewählten Beiträge durchlaufen ein Double-blind-Peer-Review.
    Frist für die Einreichung des Abstracts: 30.5.2025.
    Frist für die Einreichung des Beitrags: 15.10.2025.
  2. Call for Articles für den nicht-thematischen Teil (B):
    Die Quellenkommentare/-inter­pretationen werden einem Herausgeber*innen-Review unterzogen.
    Frist für die Einreichung des Beitrags: 15.10.2025.

Wissenschaftler*innen in der Qualifizierungsphase sind besonders aufgefordert, Beiträge einzureichen.

Das JHB erscheint zeitgleich als elektronisches Open Access-Format und als Printversion. Die elektronische Fassung ermöglicht die dynamische Einbindung von Medieninhalten (neben Bild- auch Video- und Audioformate). Beiträge, die solche medialen Inhalte präsentieren, sind besonders erwünscht.

(A) Call for Abstracts »Themenschwerpunkt: Qualifikationen ermessen. Arbeit und Bildung im 20. Jahrhundert«

Redaktionelle Leitung des Themenschwerpunktes: Franziska Rehlinghaus (Georg-August-Universität Göttingen), Benno Nietzel (Universität Bielefeld/Humboldt-Universität zu Berlin) und Till Kössler (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg)

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit der sukzessiven Ausweitung formaler Bildungs­wege in modernen Industriestaaten die Grundlage dafür gelegt, dass Berufseinstieg, Karrierechancen und soziale Aufstiegsmöglichkeiten eng an Bildungsvoraussetzungen geknüpft wurden. Examina und erworbene formale Bildungstitel fungierten in dieser Zeit als Schleusen des Zugangs zu (Teil-)Arbeitsmärkten, zu Berufsfeldern, Stellen und sozialen Positionen. Gerade in Deutschland war der zunehmende bürokratische Ausbau des „Berechtigungswesens“ besonders intensiv. Damit war einerseits der Versuch verbunden, individuelle „Leistung“, „Begabung“ und „Qualifikation“ zu objektivieren, vergleichbar zu machen und damit eine Erwartungssicherheit bei Arbeitgeber*innen herzustellen. Andererseits gingen damit Aus­einandersetzungen um soziale Aufstiegsmöglichkeiten und Chancengleichheit für Menschen aus unterprivilegierten sozialen Gruppen einher. Darin ging es nicht zuletzt um die Frage, welche Akteur*innen und Institutionen überhaupt über die Fähigkeiten und Kompetenzen entscheiden durften, die als „Qualifikationen“ und damit als notwendige Voraussetzungen für bestimmte Berufslaufbahnen anerkannt werden sollten. Neben staatlichen Stellen beanspruchten im Laufe der Zeit (Berufs)Verbände, Kammern, Arbeitgeber*innen, Gewerkschaften, wissenschaftliche Expert*innen und internationale Organisationen eine entsprechende Deutungsmacht. Angehörige bestimmter Berufsgruppen kämpften um die formale Anerkennung ihrer Qualifika­tionen und verbanden diese mit der Erwartung eines höheren Sozialprestiges, steigender Ent­lohnung und besserer Arbeitsbedingungen.

Nicht nur die Formalisierung von Abschlüssen wurde diskutiert. Umstritten waren besonders solche Qualifizierungsformen, die nicht in das Gefüge etablierter Normen passten, weil sie beispielsweise nicht in nationale Standards übersetzt werden konnten, weil sie auf antizipierte zukünftige Anforderungen zielten oder weil sie Soft Skills ins Zentrum stellten, deren Substanz interpretationsbedürftig blieb. Auch in Zeiten politischer Systemumbrüche oder angesichts von Paradigmenwechseln der (inter)nationalen Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik konnten etablierte Sichtweisen auf Qualifikationen erodieren und in Frage gestellt werden. Welches Individuum für welche Stelle oder welchen Beruf als „geeignet“ angesehen wurde oder worin die entsprechende Qualifikation überhaupt bestand, konnte daher im Laufe der Zeit auf unterschiedliche Weisen beantwortet werden. Wie aber funktionierten solche Antworten? Wie ließen sich Bildung und Qualifikation bewerten, messen und vergleichen? Welche Verfahren und Kulturen der Anerkennung etablierten sich? Welche Rationalitäten und Evidenzpraktiken lagen ihnen zugrunde, welche Fähigkeiten stellten sie ins Zentrum? Und wie veränderten sich dadurch Bildungssysteme, Arbeitsgesellschaften und die Entscheidungsalternativen und Handlungs­möglichkeiten von Individuen?

Der Themenschwerpunkt widmet sich der Geschichte der (Aus)Bildung für den Arbeitsmarkt im 19. und 20. Jahrhundert und fragt nach den historischen Diskursen, Strukturen und Praktiken der Bestimmung von Qualifikationen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem deutschsprachigen Raum in seinen transnationalen Verflechtungen. Zusätzlich sollen andere Untersuchungsräume vergleichend und/oder kontrastierend in den Blick genommen werden. Dabei wird das gesamte Spektrum an Bildungsstufen von der Schulbildung über die berufliche Ausbildung und Hoch­schulbildung bis zur Erwachsenen- und Weiterbildung erschlossen.

Bildung und Qualifizierung für den Arbeitsmarkt werden als historisch wandelbare Konzepte ver­standen, die mit Hilfe von Normierungen, Indikatoren und zunehmend auch Zahlen begriffen und handhabbar gemacht werden sollten. Die im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelten Verfahren zur Qualifikationsbestimmung, so die zentrale These, konnten oft nur temporäre Gültigkeit beanspruchen und waren immer umstritten und fluide, da die Ansprüche an Qualifikationen sich veränderten und dynamische Auf-, Ab- und Entwertungen hervorbrachten. Diese waren national, sozial, geschlechtlich, ethnisch/rassistisch, altersspezifisch beziehungsweise intersektional geprägt und sorgten damit für ungleiche Wahlmöglichkeiten, Berufseinstiege, Karrierewege und Aufstiegschancen. Verhandelt wurde die Bewertung von Qualifikationen nicht nur im nationalen Rahmen, sondern immer auch in Wechselwirkung mit internationalen Entwicklungen und im Kontext von Systemkonkurrenzen.

Potenzielle Beiträge sollen die Auseinandersetzungen über die Heranbildung von Arbeitssubjekten in diesen Spannungsfeldern untersuchen, sie fragen nach beteiligten Akteur*innen, rekonstruieren die Etablierung von Expert*innenkulturen und erörtern die Folgen ihrer Wissensproduktion für sozioökonomische und kulturelle Wandlungsprozesse. Damit soll die Geschichte der beruflichen Qualifizierung und ihrer umstrittenen Bestimmung als entscheidender Indikator und Faktor sozialen Wandels begriffen werden.

Gewünscht sind Vorschläge, die sich einem oder mehreren der folgenden Aspekte widmen:

  1. Begriffe und Normen: Hierunter fallen Beiträge, die sich der Frage widmen, welche Kennt­nisse und Fähigkeiten in verschiedenen Zeiträumen unter dem Qualifikationsbegriff und seinen zeitgenössischen (inter)nationalen Parallelbegriffen subsummiert wurden. Nach­zuzeichnen wären hier beispielsweise die verschiedenen Entwicklungen in der langfristigen Abwendung vom Wissens- und der Hinwendung zum Kompetenzdiskurs, mit seinen unter­schiedlichen Blicken auf Konzepte wie „Eignung“, „Begabung“, „Leistung“, „Schlüsselqualifikationen“, „Sozialkompetenzen“, „Skills“ etc. Welche Implikationen hatten sie für die Bestimmung von Qualifikationen und die Wissensgenerierung über sie?
  2. Akteure und Praktiken: Hierunter fallen Beiträge zu Ausbildungs- und Qualifikations­regimen, zu Bewertungs- und Ordnungsversuchen sowie Prognosen zukünftiger Ordnungen von Arbeit und Qualifikation. Hier interessieren die Modelle und Praktiken von selbsternannten und wissenschaftlichen Expert*innen verschiedener Disziplinen (bspw. der Berufspädagogik, der Volks- und Betriebswirtschaftslehre, der Arbeitswissenschaft, der Erwachsenenbildungsforschung, der Bildungsökonomie, der Psychologie etc.) in der Ausbildung neuer Verfahren und Instrumente zur Qualifikationsbemessung und -bewertung. Auch die Aktivitäten von Organisationen und Instituten der Berufsbildungsforschung, von (inter)nationalen Organisationen, gewerkschaftlichen oder wirtschaftsnahen Forschungs­instituten können hierfür untersucht werden. Wie bestimmten, bewerteten, maßen und verglichen sie Qualifikationen, welche (Eigen)Logiken und Materialitäten brachten sie hervor? Welche Entwicklungen gaben den Anstoß für entsprechende Untersuchungen, wie entwickelten sie sich in Kooperation und Konkurrenz zueinander? Welche Auswirkungen hatte dies für die Ausgestaltung der Aus- und Weiterbildungssysteme?
  3. Subjekte und Resonanzen: Hierunter fallen Beiträge, die die Erfahrungen und Handlungs­möglichkeiten von Individuen oder Berufsgruppen in den Blick nehmen und untersuchen, wie sie auf die Einstufung ihrer Qualifikationen, deren Ab- und Aufwertung reagierten. Hier interessieren Formen der Aneignung, die vielleicht mit einem Professionalisierungsanspruch einhergingen, aber ebenso Momente des Widerstands und Eigensinns. Gefragt wird danach, ob betroffene Menschen beispielsweise individuelle oder berufsgruppenspezifische Mess- und Bewertungskriterien entwickelten und verteidigten, die offiziellen Modellen und Formalisierungsversuchen entgegengehalten wurden, um den eigenen Status zu behaupten.

Wir bitten um Vorschläge, die ein Abstract (nicht mehr als 300 Wörter) und einen kurzen Lebens­lauf enthalten und bis 30. Mai 2025 per E-Mail an die drei Herausgeber*innen gesendet werden sollen:
Franziska Rehlinghaus (E-Mail: ZnJhbnppc2thLnJlaGxpbmdoYXVzQHVuaS1nb2V0dGluZ2VuLmRl)
Benno Nietzel (E-Mail: YmVubm8ubmlldHplbEB1bmktYmllbGVmZWxkLmRl)
Till Kössler (E-Mail: dGlsbC5rb2Vzc2xlckBwYWVkYWdvZ2lrLnVuaS1oYWxsZS5kZQ==)

Die zur Veröffentlichung ausgewählten Artikel (in einer Länge von maximal 60.000 Zeichen einschließlich Leerzeichen und Fußnoten) müssen bis 15. Oktober 2025 eingereicht werden und durchlaufen dann ein Peer-Review-Verfahren.

(B) Call for Articles »Nicht-thematische Beiträge und Quellen«

Für den nicht-thematischen Teil können bis 15.10.2025 Beiträge eingereicht werden. Dabei sind alle historischen Themenfelder erwünscht. Beiträge, die den Zeitraum vor dem 18. Jahrhundert betreffen, sind besonders willkommen. Zudem soll möglichst jedes Jahr eine markante Quelle publiziert und in ihrem Kontext interpretiert werden.

Senden Sie Ihre Abhandlung bzw. Ihren Quellenvorschlag bitte an:
Katharina Vogel (E-Mail: amhiQGRpcGYuZGU=)

Termine im Überblick

Einreichungsfrist für die Abstracts zum thematischen Teil: 30.5.2025.
Einreichungsfrist für die Texte (thematischer und allgemeiner Teil): 15.10.2025.

Richtlinien zur Manuskriptgestaltung

Die Richtlinien für die Manuskriptgestaltung finden sich unter:

https://www.jb-historische-bildungsforschung.de/editorial/guidelines-de.xml

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